Wir hocken neben der Staubstrasse des Dörfchens „El Palmar“ und warten auf Juan. Alte, meist zahnlose Männer und Frauen begaffen uns zuerst aus Distanz, spazieren dann aber immer näher vorbei. Von allen Seiten, von Jung und Alt, von Mensch und Tier werden wir auf Schritt und Tritt beobachtet! Ein alte Frau läuft dreimal vorbei und bestaunt - ganz fasziniert - unsere Campingstühle. Zwei Jungs betasten die Pneus unserer Mountainbikes. Die jungen Männer begaffen neidisch unseren Rubi.
Wie machen es genauso und beobachten fasziniert das Dorfleben. Kinder spielen im Dreck. Frauen weben in ihren Hütten. Esel, Schafe, Geissen und Säuli werden abends in ihre Ställe gebracht. Nur die Hunde bleiben zu unseren Füssen liegen.
Als „passionierte Botaniker“ wollen wir das Naturreservat El Palmar besuchen, aber nirgendwo gibt es dazu Informationen. Und ausgerechnet heute sind alle Mitarbeitenden des Reservats an einer Schulung. Zum Glück zeigt uns ein lokaler Ingenieur auf seinem Töff den Weg und meint, im Dörfchen El Palmar „Hay todo; habe es alles, was man brauche.“ Wir sollen einfach nach Juan fragen. Dummerweise ist der auch an der Schulung und kommt erst nachts nach Hause. Aber irgendwie spricht es sich herum, dass wir hier übernachten und morgen auf Wanderung gehen wollen. Beim Eindunkeln kommt endlich Juan‘s Frau mit dem Schlüssel für die einfache Kammer vorbei. Juan werde morgen um 8 Uhr treffen! Im Dachzelt dürfen wir nicht übernachten, das halbe Dorf wäre beleidigt.
Bereits um 6.30 Uhr klopft Juan an unsere Türe und bestätigt, dass er uns um 8 Uhr abholen und durch die Palmen führe werde. Wir frühstücken im Freien wiederum unter intensivster Beobachtung. Kurz nach acht Uhr marschieren wir los in den bekannten Palmenhain. Die endemische Palmenart wächst nur hier und nur auf einer Höhe zwischen 2‘500 müM und 3‘200 müM. Die Palmen tragen mit 60 Jahren erstmals Früchte, werden aber einige hundert Jahre alt. Sie sehen in der grandiosen Berglandschaft unwirklich und grandios aus!
Das Leben im Dorf ist äusserst einfach. Strom und Internet gibt es erst seit zwei Jahren und die schmale, fünfzig Kilometer lange 4x4-Strasse wurde erst vor 6 Jahren fertiggestellt. Aber auch heute werden viele Strecken noch zu Fuss zurück gelegt, da fast niemand einen Töff oder gar ein Auto hat. Erstaunt stellen wir auch fest, dass viele Leute kaum lesen oder rechnen können, so auch unser Führer Juan.
El Palmar liegt nur 150 Kilometer von Sucre entfernt, für die Fahrt benötigt man rund 5 Stunden. Doch der Unterschied könnte nicht grösser sein. Sucre ist die Hauptstadt Boliviens, steht aber - ähnlich wie Bern - im Schatten der Grossstadt La Paz. Der wunderschöne Stadtkern mit den vielen weissen Häusern im Colonialstil und das ganzjährig frühlingshafte Wetter machen die Stadt äusserst attraktiv. Wir stellen unser Dachzelt in einem kleinen Hinterhof auf. Platz hat es für drei Autos und der Besitzer Alberto ist die Freundlichkeit in Person. So können wir im Dachzelt schlafen und sind trotzdem in wenigen Gehminuten im Stadtzentrum, wo wir sogar ein feines, französisch angehauchtes Restaurant finden.
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